„Es gibt keine Lagerbestände, keine Abfälle und alles kann lokal erledigt werden“

Seit seiner Gründung 2013 hat 3D Hubs, ein niederländisches Start-up im Bereich 3D-Druck, mehr als eine Million Teile produziert, was es zum weltweit führenden Unternehmen in der dezentralen Fertigung macht. Filemon Schöffer, Chief Marketing Officer von 3D Hubs, erläutert das Konzept.

Welche Idee steckt hinter 3D Hubs?
„Die gegenwärtige Wertschöpfungskette, in der Waren hergestellt werden, erzeugt eine Menge Abfall. Viele Produkte werden in sehr hohen Mengen gefertigt, um positive Skaleneffekte zu erzielen, aber rund ein Drittel davon wird nie verkauft. Was die dezentrale Fertigung verspricht, ist die sogenannte ‚On-Demand‘-Herstellung‘, wonach Waren erst bei ihrem Verkaufproduziert werden. Es gibt keine Lagerbestände, keine Abfälle und alles kann lokal erledigt werden.“
„Der 3D-Druck ist eine neue Fertigungstechnologie und eine sehr gute noch dazu. Seitens der Verbraucher herrscht darüber noch Skepsis, da sich vielen keine echten Fortschritte offenbaren. Darum lautet meine Botschaft: im Produktionssektor tut sich was!“
 
Welche Vorteile bietet der 3D-Druck in der Fertigung?
„Beim Spritzgießen, dem am häufigsten eingesetzten Verfahren in der Fertigung in China, muss zuerst eine Form hergestellt werden, was hohe Vorlaufkosten bedeutet. Durch den Wegfall solcher Formen ist der 3D-Druck eine sehr wettbewerbsfähige Alternative für die Kleinserienfertigung. Alles funktioniert auf Abruf, das heißt, wenn wir jetzt eine Datei hochladen, können wir direkt mit der Produktion beginnen. Durch die additive Fertigung lassen sich äußerst komplexe Strukturen herstellen.“
 
Gibt es bestimmte Branchen oder Anwendungen, die besonders profitieren?
„Der 3D-Druck erobert derzeit den Markt für Prototypen. Danach folgen Branchen, die kleine Chargen mit hochkomplexen Geometrien produzieren müssen, wie zum Beispiel Prothesen, Hörgeräte und Zahnimplantate. Es gibt bereits eine Reihe von Verkehrsflugzeugen, in denen Teile aus dem 3D-Drucker verbaut wurden. Auch Ersatzteile sind ein sehr großer Markt, der wirklich vom ‚On-Demand‘-Aspekt des 3D-Drucks profitiert.“
 
Welche Vorteile bieten sich der Branche fürBefestigungselemente?
„Das ist tatsächlich ein interessanter Fall. Da es sich bei Befestigungselementen fast schon per Definition um standardisierte Bauteile handelt, sind sie in der Regel nicht für den 3D-Druck geeignet – das wäre einfach nicht wettbewerbsfähig. In einem breiteren Kontext hat der 3D-Druck aber aus Sicht der Wertschöpfungskette eine Menge zu bieten, gerade wenn es um Ersatzteile und ‚On-Demand‘-Durchsatz geht. Besonders im technischen Kundendienst wird der 3D-Druck aus diesen Gründen gerne eingesetzt, selbst bei standardisierten Bauteilen. Hier würde ich auch Befestigungselemente jeder Art einordnen."
 
Filemon Schöffer - 3D Hubs

FAKTEN:

FILEMON SCHÖFFER
TITEL: Chief Marketing Officer, 3D Hubs, Amsterdam, Niederlande
ALTER: 32
HINTERGRUND: Ich bin Industriedesigner und Physiker, weiß also eine Menge über Fertigung, aber ich arbeite schon immer im kreativen Bereich mit Anzeigen und Kampagnen.
WOHNORT: In der Nähe des Büros von 3D Hubs inmitten der Start-ups, Galerien und hippen Bars von Amsterdams trendigem Stadtteil Westerpark.
LEIDENSCHAFT: AFC Ajax.
INTERESSANT: Filemons Vorfahre Peter arbeitete im 15. Jahrhundert mit Gutenberg.
„Der 3D-Druck hat großes Potenzial, die Fertigung vieler Dinge zu lokalisieren. Er dezentralisiert sowohl Fähigkeiten als auch Know-how und ist meiner Meinung nach eine ähnliche Revolution wie vor einiger Zeit die Druckmaschine.“