Die Geschichte der Keilsicherungsscheiben

Seit der Erfindung von Schrauben und Muttern gibt es ein großes Problem: Das Lösen oder Lockern der Schraubenverbindung im Laufe der Zeit. Auch wenn Unterlegscheiben vielleicht nicht die glamouröseste aller mechanischen Innovationen sind, spielen sie doch eine ganz entscheidende Rolle. Ob zur Sicherung eines hölzernen Wagenrads aus dem 17. Jahrhundert oder einer aerodynamischen Flugzeugtragfläche – Sicherungsscheiben sind die bevorzugte Lösung für die Sicherung von Schraubenverbindungen.

Das Konzept, Gegenstände miteinander zu verbinden, ist praktisch so alt wie die Menschheit selbst. Es kann – relativ gesehen – nicht lange gedauert haben, bis jemand zwei Stöcke oder vielleicht auch einen Stock und einen Stein miteinander verbunden hat. Und dafür nicht nur die Notwendigkeit erkannt, sondern auch einen konkreten Weg gefunden hat.

Vermutlich waren verschiedene Arten von primitiven Schnüren und Seilen über Jahrtausende hinweg die bevorzugte Lösung zur Herstellung von Werkzeugen und Waffen sowie für verschiedene Konstruktionen wie einfache Gebäude und Flöße. Der neolithische Mensch (ca. 9.000 bis 5.000 v. Chr.) hat in der sogenannten Jungsteinzeit sicherlich alle vorhandenen Materialien genutzt, wahrscheinlich auch aus Teilen von Pflanzen und Tieren.

Später in unserer Evolution brachten die Holzbearbeitung und Schreinerei ein breites Spektrum an ausgeklügelten Verbindungen mit sich. Entscheidende Entwicklungen waren hier Leim sowie einfache Verbindungselemente wie Dübel und Nägel.

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Zurück zu den Anfängen der Unterlegscheiben

Der Einsatz und die Entwicklung von Unterlegscheiben sind eng mit der Entwicklung von Schrauben und Schraubenverbindungen verflochten. Wann ein technischer Vordenkerdie Vorteile einer Unterlegscheibe für eine Schraubenverbindung erkannte, darüber lässt sich allerdings nur mutmaßen.

Die Erfindung der Schraubengewinde lässt sich wahrscheinlich auf die Zeit um 400 v. Chr. zurückführen, wobei auch hier die Meinungen auseinandergehen. Die Technologie kam zum Beispiel in Pressen zum Einsatz. Diese Erfindung ermöglichte schließlich die Entwicklung der spitz zulaufender Schrauben, vermutlich durch die Ägypter oder die Römer, und ebnete den Weg für eine Revolution bei Holzverbindungen und anderen Befestigungsanwendungen.

Eine Schraube aus Stahl mit passender Mutter ist in ihren Anfängen wahrscheinlich ein Produkt des 15. Jahrhunderts. Obwohl Gewindeschneidmaschinen bereits im 17.Jahrhundert relativ weit verbreitet waren, kam die Entwicklung erst mit der ersten industriellen Revolution ab Mitte des 18. Jahrhunderts in Schwung. Vorangetrieben wurde sie von der Idee und schließlich auch der Möglichkeit, Maschinen für die Massenproduktion herzustellen und einzusetzen.

 

Eine Unterlegscheibe für jede Anwendung

Die Herkunft des englischen Begriffs „washer“ für Unterlegscheibe hat sich mit der Zeit verloren. Eine erste Erwähnung findet sich jedoch in einer Schrift aus dem Jahr 1346. In einer anderen Quelle aus dem Jahr 1611 wird nicht nur dieser Begriff verwendet, sondern auch sein Verwendungszweck beschrieben: Der Verringerung von Verschleiß an Radnaben in der Artillerie.

Heutzutage werden Unterlegscheiben in unterschiedlichen Formen, Werkstoffen und mit diversen Funktionen angeboten. Sie dienen etwa der Lastverteilung auf größere Flächen, als Abstandhalter, dämpfendes Element oder um die Schraubenverbindung abzudichten.

Eine wesentliche Funktion kommt auch der Sicherung der Schraubenverbindung gegen ungewolltes Lockern oder Lösen zu.

  • Einfache (flache) Unterlegscheiben, die die Last verteilen und vor Verschleiß schützen
  • Federscheiben, die sich die axiale Flexibilität zunutze machen, um Vorspannkraftverluste infolge Setzens zu kompensieren
  • Keilsicherungsscheiben, die ein Lösen oder Lockern der Schraube oder Mutter verhindern

 

Die bis heute effektivste Sicherungsmethode erblickt das Licht der Welt

Natürlich haben Ingenieure auch andere Methoden als Keilsicherungsscheiben erprobt, um das Lösen von Schraubenverbindungen zu verhindern, beispielsweise Klebstoffe und verschiedene Arten von klemmenden Muttern. Was die Sicherungsscheiben betrifft, so haben sich im Laufe der Zeit viele Varianten bewährt, darunter konische Sicherungsscheiben (Tellerfedern), gebogene Tellerfedern, Wellenscheiben, Federringe/-scheiben, gezahnte/gerippte Sicherungsscheiben, Sicherungsbleche und schließlich Keilsicherungsscheiben.

Keilsicherungsscheiben gelten heute als das effektivste Verfahren, um das Lösen von Schrauben zu verhindern. Erste Patentanmeldungen stammen aus dem frühen 20. Jahrhundert, aber es lässt sich wohl sagen, dass der Durchbruch in den 1980er Jahren gelang, als Nord-Lock mit der Optimierung und Vermarktung begann.

 

Die Geschichte der Nord-Lock Keilsicherungsscheiben

Im Jahr 1953 begann das schwedische Unternehmen Nobex mit dem Verkauf von Ölbrennern, Schlauchaufrollern, Gehrungssägen und anderen Werkzeugen, bis es 1960 seine Produktion nach Mattmar rund 600 Kilometer nord-westlich von Stockholm verlegte. Nach dem Erwerb des Patents für Keilsicherungsscheiben 1982 stellte Nobex diese erstmals unter der Marke Nord-Lock her.

Kurt Persson, Sohn der Firmengründer Bengt und Mary Persson und seit 26 Jahren CEO von Nord-Lock, war aktiv an der Entwicklung der Keilsicherungsscheiben beteiligt. Er erinnert sich: „Mit den Keilsicherungsscheiben sind wir sozusagen direkt ins kalte Wasser gesprungen. Wir wussten damals nichts über die Produktion, die Press- und Härteverfahren oder die Oberflächenbehandlung.“

„Das Funktionsprinzip an sich war gut, daran bestand kein Zweifel“, so Persson. „Aber unser Produkt war eine Katastrophe, vor allem was Material und Design betraf. Wir haben es schließlich eingestampft und uns buchstäblich zurück ans Zeichenbrett gesetzt.“

 

Perfektionierung der Keilsicherungseigenschaften

Nobex beauftragte einen Ingenieur mit der Neugestaltung der Keilsicherungsscheibe und baute dann mit der Zeit seine internen Konstruktions- und Produktionskapazitäten aus. Persson sagt:

„Zunächst ging es darum, die grundlegenden Eigenschaften der Keilsicherungsscheibe zu perfektionieren. Die weiteren Entwicklungen und Verbesserungen befassten sich dann eher mit neuen Materialien, Größen und Oberflächenbehandlungen, um einen höheren Schutz vor Korrosion, Hitze und Säure zu erreichen.“

Seitdem liegt der Schwerpunkt auf stetigen, kontinuierlichen Verbesserungen und Spezialanpassungen. Für Nobex lag der Schlüssel in der Verbesserung der Produktionstechnik und Neuausrichtung der Maschinen, um auch bei steigender Stückzahl eine hohe Qualität gewährleisten zu können. Darüber hinaus waren – und sind nach wie vor – sorgfältige Prüfungen unerlässlich, um ein hohes und gleichmäßiges Qualitätsniveau aufrechtzuerhalten.

Als erster Hersteller weltweit konnte Nobex 1984 Keilsicherungsscheiben aus Edelstahl anbieten, was laut Persson „eine deutliche Verbesserung der Produktstabilität und Korrosionsbeständigkeit bewirkte. Vor der Markteinführung wurde die Keilsicherungsscheiben umfangreichen Salzsprühnebeltests unterzogen.“

Ein Jahr später begann das Unternehmen, paarweise verklebte Keilsicherungsscheiben anzubieten. Diese Entwicklung gewährleistete nicht nur die Produktqualität, sondern vereinfachte auch die Montage für die Kunden.

 

Robustere Produktionsprozesse und Ausbau des Sortiments

Im Jahr 2001 wurde Nobex zu Nord-Lock und konzentriert sich seither ausschließlich auf die weltweite Vermarktung von Keilsicherungsscheiben. Das Unternehmen brachte 2003 Keilsicherungsscheiben in Speziallegierungen auf den Markt, darunter Keilsicherungsscheiben in 254 SMO® für Anwendungen mit Salzwasser und Chlorid sowie in Legierungen auf Nickelbasis für Hochtemperaturanwendungen und korrosive Umgebungen.

Im Jahr 2007 installierte Nord-Lock in Mattmar neue Härtungs- und Oberflächenbehandlungslinien und führte kurze Zeit später die Delta Protekt®-Beschichtungen ein. Anpassungen an der nicht-elektrolytisch aufgebrachten Beschichtung ermöglichten eine höhere Härte, wodurch ihre Verwendung mit Schrauben hoher Festigkeit verbessert werden konnte.

Um eine bessere Überwachung zu gewährleisten, kamen 2011 Lasermarkierungen hinzu, gefolgt von einer umfassenden Weiterentwicklung im Jahr 2012, den Nord-Lock X-series Keilsicherungsfederscheiben. Diese Serie kombiniert die Original-Keilsicherungstechnologie mit einem innovativen elastischen Effekt. Dadurch wird das Risiko eines spontanen Losdrehens der Schraube durch Vibrationen oder Lockerung, beispielsweise bei Anwendungen mit kurzer Klemmlänge und mehreren eingespannten Teilen, Dichtungen, weichen Metallen, Kunststoffverbundwerkstoffen, Beschichtungen oder Temperaturschwankungen, deutlich reduziert.

Heute stellt das Werk in Mattmar mehrere hundert verschiedene Keilsicherungsscheiben her und kann auch kundenindividuelle Sonderanfertigungen realisieren. Der Fokus liegt auf dem Ausbau der Kapazitäten, der kontinuierlichen Verbesserung des Kernprodukts und der Prozesse sowie der Erweiterung des Sortiments um neue Sicherungsscheiben und Kombiprodukte.

Im Jahr 2021 feierte die Nord-Lock Group die Einweihung einer modernisierten und erweiterten Produktionsstätte in Mattmar, um die Produktionskapazitäten angesichts der wachsenden Kundennachfrage aus aller Welt langfristig zu sichern.

 

Die Sicherungsscheiben der Zukunft

Grundsätzlich gibt es viele interessante Möglichkeiten für die Fernüberwachung der Vorspannkraft von Schraubenverbindungen mit sensorgestützten intelligenten Technologien. Viele dieser Lösungen gibt es bereits, wie zum Beispiel Superbolt LST oder Superbolt LSF, die zur Überwachung besonders kritischer Verbindungen etwa im Schienenverkehr oder im Bereich der Offshore-Windenergie eingesetzt werden.

Laut Pierre Kellner, Business Developer Smart Products and Services bei der Nord-Lock Group, überwachen jedoch die meisten bestehenden intelligenten Verschraubungsprodukte die Dehnung der Schraube bzw. des Bolzens, um die Vorspannkraft zu messen. Es gibt zwar auch einige intelligente Sicherungsscheiben, die aber keine breite Anwendung finden, da sie viel mehr Platz benötigen als herkömmliche Sicherungsscheiben.

„Nord-Lock Keilsicherungsscheiben messen nicht die Vorspannkraft, auch wenn die Keilsicherungsfunktion einen Verlust der Vorspannkraft konstruktionsbedingt ausschließt“, sagt Pierre Kellner.

„Es gibt experimentelle Anwendungen mit piezoelektronischen Kristallen auf sehr dünnen Sicherungsscheiben, aber wirtschaftlich gesehen liegen die unmittelbareren Möglichkeiten der Industrie 4.0 in der Produktion. Dort könnte man die Effizienz und Qualität bei der Herstellung von Sicherungsscheiben verbessern, indem man automatisierte Kontrollverfahren erforscht, den Ausschuss reduziert und die Geschwindigkeit durch die Integration von Daten in den gesamten Prozess erhöht.“

 

Die Keilsicherungsscheibe

Keilsicherungsscheiben nutzen Vorspannung statt Reibung, um Schraubenverbindungen zu sichern. Jede Keilsicherungsscheibe besteht aus einem Scheibenpaar mit Keilflächen auf einer Seite und Radialrippen auf der anderen. Der Keilsicherungseffekt verhindert ein spontanes Losdrehen der Schraube.

 

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