Luisa Morajelo

Seitdem kontrolliert und überwacht sie die ZfP an nuklearen Komponenten sowohl in der Fertigung als auch bei der sogenannten In-Service-Inspektion (ISI). Daneben ist sie als ZfP-Trainerin tätig. Aktuell beaufsichtigt sie die ZfP in spanischen Kernkraftwerken im Rahmen der dort stattfindenden ISI.

 

Wie kamen Sie zur Nuklearindustrie und speziell zur zerstörungsfreien Prüfung (ZfP)?

„Das alles war für mich faszinierend und ist es auch heute noch.“

Mein erster Job in der Nuklearindustrie war es, bei den ZfP im Rahmen der ISI am Kernkraftwerk Santa María de Garoña im nordspanischen Burgos zu assistieren. Dieser Erstkontakt dauerte nur ein paar Wochen, hatte aber großen Einfluss auf meinen beruflichen Werdegang – inzwischen bin ich seit über 20 Jahren in diesem Bereich tätig. Mich hat einfach die Neugierde gepackt, das Bedürfnis, alles zu verstehen: den Betrieb der Anlage, die Funktionsweise der einzelnen Systeme, die Logik der Protokolle und natürlich die Inspektionsprozesse.

Mittlerweile arbeite ich als Supervisorin und Personaltrainerin für ZfP. Es macht mir unheimlich Spaß, mein Wissen weitergeben zu dürfen und das Interesse der Teilnehmer meiner ZfP-Schulungen zu wecken.

Was genau sind zerstörungsfreie Prüfungen? Wie und warum kommt die ZfP in Kernkraftwerken zum Einsatz?

Die ZfP wird an Schweißnähten, Komponenten oder Systemen durchgeführt. Ziel ist es, den Zustand des Materials zu analysieren, ohne es zu beschädigen oder zu zerstören. Dabei versuchen wir, Schäden wie Risse, Abnutzung, Dickenverlust oder andere Mängel zu erkennen und zu bewerten, weshalb die ZfP ein wesentlicher Bestandteil der vorausschauenden Wartung und Instandhaltung eines Kernkraftwerks ist. Die ZfP wird im laufenden Anlagenbetrieb, bei Wartungsstillständen oder im Rahmen von Konstruktionsänderungen durchgeführt. Damit ist sie praktisch ein weiteres Element
im täglichen Betrieb des Kernkraftwerks.

 

Was passiert bei einem Anlagenstillstand mit Brennelementwechsel?

Ein Anlagenstillstand mit Brennelementwechsel wird von Kernkraftwerken in der Regel auch für Wartungsarbeiten und In-Service-Inspektionen (ISI) genutzt. Da viele Arbeiten innerhalb kurzer Zeit erfolgen müssen, werden sie sorgfältig geplant, damit sich keine Arbeitsschritte gegenseitig behindern. Meist gibt es ein festes Zeitfenster, in dem jeder Vorgang abgeschlossen werden muss. Das Personal ist diese Umstände gewohnt und erledigt die Arbeiten in aller Regel gut und pünktlich. Unvorhergesehene Probleme sind aber unvermeidlich und können den Zeitplan mächtig durcheinanderbringen. Deshalb ist es wichtig, eine gewisse Flexibilität für spontane Planänderungen zu bewahren. Neben all der Anspannung kommt aber auch der Spaßfaktor bei uns nicht zu kurz. Es gibt unzählige Running Gags und Geschichten unter Nuklearexperten, die außerhalb unserer Kernkraftwelt absolut keinen Sinn ergeben würden.

Zehn Jahre sind seit der Atomkatastrophe in Fukushima vergangen. Was hat sich seitdem verändert, was haben wir gelernt?

Nach Fukushima erhielten alle Kernkraftwerke in Europa die Auflage, ihre Sicherheitsmargen mittels sogenannter Stresstests neu zu bewerten. Dabei wurden auch die aus dem Unfall gezogenen Lehren berücksichtigt. Eine Folge dieser Stresstests war die Umsetzung einer Reihe von Maßnahmen, um die Anlagen robuster und widerstandsfähiger gegen extreme Naturereignisse zu machen. So wurden unter anderem neue alternative Notfallkontrollzentren eingerichtet, Kühlsysteme verbessert und tragbare Ausrüstung zur unmittelbaren Reaktion auf mögliche Unfälle und deren Folgen angeschafft. 

 

Im Rahmen des Kernfusionsprojekts ITER arbeiten 35 Nationen am Bau des weltweit größten Tokamak zusammen. Als erste ihrer Art wird diese Fusionsanlage Nettoenergie liefern. Was finden Sie daran so spannend?

Das ITER-Projekt ist ein wissenschaftlicher Meilenstein und eine beispiellose technologische Errungenschaft bei der Suche nach sauberer, sicherer und preiswerter Energie. Vor Jahren habe ich an der Entwicklung der ZfP-Prozesse für ITER mitgewirkt – insbesondere an der Ultraschallprüfung für die Bewertung der Schweißnähte in den Sektoren der Reaktordruckbehälter. Seitdem fühle ich mit dem ITER-Projekt verbunden und verfolge den Fortschritt mit großem Interesse.

 

Name: Luisa Moralejo 

Funktion: Ingenieurin und ZfP-Level-3-Prüferin

Beruflicher Hintergrund: Zwanzig Jahre in der nuklearen ZfP, davon zehn Jahre im Kernkraftwerk Santa María de Garoña und zehn Jahre im Kernkraftwerk Vandellòs II. Derzeit freiberuflich als Supervisorin und Personaltrainerin für ZfP tätig.

Persönliche Eigenschaften: „Meiner beruflichen Entwicklung hat es wohl enorm geholfen, dass ich ein akribischer und methodisch denkender Mensch bin. Das sind wichtige Eigenschaften für jemanden, dessen Job es ist, die Konsistenz und Qualität in kritischen Prozessen wie der Nuklearinspektion aufrechtzuerhalten.“

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